Alois Andritzki

*Alle aufgefundenen Briefe Alojs Andritzkis aus der Gefängnis- und KZ-Zeit können Sie als Buch über das Katholische Pfarramt Radibor bestellen.

 

Euer Hochwürden, lieber Herr Propst, liebe Confratres und alle Lieben, die mir nahe stehen!

Der Herr sei mit Euch! Es rückt nun langsam die entscheidende Stunde heran, wo ich vor dem Sondergericht mich zu verantworten habe. Nun ich zittere und bange als Mensch, vor Gericht stehen zu müssen. Doch als Christ, und vor allem ich als Diener des Allerhöchsten, habe ich das tiefe Vertrauen zu meinem lieben Vater im Himmel, dass alles gut wird, und darum harre ich mit innerer Ruhe all der Dinge, die da kommen. Darum beseelt mich der eine große Wunsch, den ich auch immer wieder als Bitte unserem Herrn vortrage, dass Ihr alle ebenfalls von diesem Vertrauen und inneren Frieden erfüllt sein möget: " Gib uns Deinen Frieden, o Herr ! " Es geht mir, und das kann ich immer wieder zu Eurer eigenen Freude und Beruhigung sagen - gut! Geistig - seelisch und körperlich, - der Arzt hat mich untersucht - alles ist in Ordnung. Meine jetzige Lage führt mich aufwärts: es ist wahrlich eine geistige Erneuerung, und was könnte man als strebender und wachsender Mensch mehr wünschen? Nun eine Bitte: Lasst uns für einander beten - vor allem aber für die, die unserer Gebete bedürfen - und für die sonst niemand betet.
Euch allen Dank! Der Herr segne Euch!
In der Liebe Christi Euer Bruder Alojs.

 

Brief aus dem Untersuchungsgefängnis Dresden 8.2.1941

 

" Täglich lasst uns im Gebet und in der Arbeit unserer Lebenden und Toten gedenken!"

Lieber Herr Propst, liebe Confratres!

Ich weiß nicht, ob ich Euch so anreden darf, da ich Euch ja allen so viel Kummer bereite. Ich bitte aber den Herrn, der uns berufen hat zu seinem königlichen Priesteramte, dass er Euch die Kraft gibt, nun auch meine Stelle mit auszufüllen. Meine Gebete und Arbeiten opfere ich für  Euch und Eure Arbeit auf, soweit sie als würdig vom Herrn angenommen werden. Ich weiß aber auch schon, dass Ihr alles sehr gut macht. Darum danke ich dem Herrn tagtäglich. Aber Euch zollt auch Dank, dass Ihr alles mit frohem Berufsgeiste anpackt und weiterschafft. Dank sei auch Euch, dass Ihr meiner gedenkt, und das gerade verspür ich mehr und mehr. " In der Geduld werdet ihr eure Seelen besitzen ", so heißt es in einem Psalm und das erfüllt sich - alles Prahlen sei mir ferne - wirklich an mir. Diese christliche Geduld ist nichts, dass man sich den irdischen Dingen - sei es Zeit, Geschehnisse, Umstände, einfach hingibt oder überlässt, sondern es ist so, dass man sich der gütigen Fürsorge Gottes anvertraut: " den lieben Gott lass ich nur walten " und dann das tut, was der Augenblick gerade erfordert. Ich weiß nicht, ob Ihr mich richtig verstanden habt. Ihr werdet’s vielleicht besser verstehen, wenn ich sage, dass es mir gut geht, dass ich über nichts zu klagen habe, dass ich froh und zufrieden bin, Ihr Euch darum um mich nicht zu sorgen braucht. Darum schickt mir nichts, vor allem keine Essware. Wenn etwas notwendig sein wird, sage ich es.
Allen, vor allem meinen lieben Eltern, den Friedensgruß Christi. Alojs.

 

Brief aus dem Untersuchungsgefängnis Dresden 23.2.1941

 

" Jetzt bleiben aber der Glaube, die Hoffnung und die Liebe, diese drei; die größere aber von diesen ist die Liebe.“ (1 Kor 13,13)

Euer Hochwürden, lieber Herr Propst, liebe Confratres! Und all ihr Lieben, die ihr meiner gedenkt!

Es ist immer so, dass man vieles liest und doch nicht gleich ganz versteht. So ist es vor allem dann, wenn man die Heilige Schrift liest. Jahrelang bleiben uns die tiefsten Wahrheiten nur Worte. - Aber eines Tages ist es, dass wir getroffen werden vom Lichtstrahl heiliger Erkenntnis. Dies ist ein beglückendes Geschehen. Alles, was einen umgibt, wird eingetaucht in dieses göttliche Licht und bekommt Sinn und Zweck in einem solchen Masse, dass man es nicht mehr missen möchte. Freut euch mit mir. Großes tut der Herr an denen, die an Ihn glauben, auf Ihn hoffen, Ihn aus ganzer Seele, aus allen ihren Kräften lieben! Es segne uns alle, vor allem aber die, welche unseres Segen bedarf, der heilige, dreifaltige Gott.
In Liebe Euer Alojs.
Besonderen Gruß an die liebe Frau Euphrosyne.

N.B. Alles Geld, was durch die Post irgendwie an mich geschickt wird, nehmt bitte Ihr schon in Empfang und versucht damit meine Rechnungen zu begleichen!

Herzlichen Dank! Euer Alojs.

 

Brief aus dem Untersuchungsgefängnis Dresden 16.3.1941

 

"Christus, durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst!“

Hochwürden, lieber Herr Propst, liebe Confratres, liebe Eltern, Verwandte und Bekannte und all ihr Lieben, die Ihr meiner gedenkt! 

 "Der Herr Christus sei mit euch!“ Ihr könnt Euch kaum vorstellen, wie jetzt die heilige Fastenzeit mit all ihrer Nüchternheit und Herbheit auf mich einwirkt. Mein Geist wird durch nichts abgelenkt. Auch die Arbeit, die ich verrichte, lenkt mich nicht ab, sondern im Gegenteil, sie erweckt in mir die tiefsten seelischen Gefühle und Gedanken über das größte Geheimnis der Fastenzeit: das heilige Kreuz. Das Wort Christi am Kreuze:
" Vater, warum hast Du mich verlassen?“ - habe ich noch nie so erfasst, wie gerade jetzt. Es ist ein riesig großer Unterschied zwischen " einsam gemacht werden " und die Einsamkeit selbst aufsuchen! Der Gedanke des Eremitentums kann meiner Lage keine letzte Befreiung geben - so sehr es in der ganzen Art und Weise, wie ich lebe, doch eigentlich möglich sein müsste. Die Gedanken der Sonnabend-Komplet sind so der rechte Ausdruck meiner Seelenverfassung: tiefstes Leid und dennoch klingt hindurch, ja frohlockt der Geist im Loblied auf unseren Herrn und Gott. Das Leid läutert und erlöst den Menschen von allen Fehlern und Schwächen, und gebe es Gott, dass es so an mir geschehe! Lasst uns darum im Gebet unverzagt weiter verharren - der Tag der Befreiung von allem Übel bleibt nicht aus! Der Segen des allmächtigen Gott Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes komme über uns und bleibe bei uns allezeit. Ich habe noch nicht den neuen Brevierteil erhalten. Gerade empfing ich seit langer Zeit (21.Januar) wieder meine Volkszeitung. Während ich hier schreibe, feiert Ihr in der Kirche Gottesdienst: es ist 9 Uhr. Ungefähr um 10 Uhr gehen wir an die frische Luft (20 Min.) Am Mittwoch, den 12.3., habe ich am Gottesdienst teilgenommen, für mich das freudigste Ereignis. Gott hat in mir Wohnung genommen - Lob und Dank Ihm allezeit!

 

Brief aus dem Untersuchungsgefängnis Dresden 16.4.1941

 

" Christ ist erstanden. Alleluja!"

Hochwürden, lieber Herr Propst, liebe Confratres, liebe Eltern, Geschwister, ehrwürdige Schwestern und all Ihr Lieben, die Ihr meiner gedenkt!

Nun ist das glorreiche Auferstehungsfest angebrochen. Ich höre noch den frohen Jubel, die herrliche Ostermusik, vor alle diese Töne:                                  Ich möchte selbst auf meinem Klavier in die Tasten greifen, um dem Sieger auf Golgatha zuzujubeln. Aber es ist noch nicht für mich die Stunde angebrochen, es bleibt mir nur ein stummer Jubel des Herzens. Ich kann nur mein Herz und mein Gehör öffnen für die Musik, für den Jubel, der an mich heranschwebt: ich höre von Weitem die Osterglocken, ich höre tagtäglich das frohe Zwitschern und Jubilieren der Amseln und Buchfinken: das ist die Auferstehung, wie sie sich äußerlich mir bietet. Ich stimme summend und so weit es möglich in Worten in diesen Osterjubel mit hinein. Wenn Ihr das lest, klingt dies Geschreibsel vielleicht etwas sentimental, nun, mag es vielleicht auch; dies liegt mir aber fern. Ihr könnt es mir glauben, auch bei mir und in mir ist Ostern. Christus der Auferstandene hat auch mich aufgesucht, hat auch mir seinen Friedensgruß gebracht. Nicht genug Dank, Lob und Ehre können wir Ihm entgegenbringen, da er sich beim letzten Abendmahl uns als lebendiges Testament für unsere Erdentage hingegeben hat und nun verklärt, herrlich und machtvoll unter uns wohnt. Darum höre ich nicht auf, auch hier in dieser Niedrigkeit, das jauchzende Alleluja aus frohem Herzen zu singen: Christus zur Ehre und seiner glücklichen Jungfrau und Mutter Maria in Gemeinschaft mit Gott Vater im Heiligen Geiste. Alleluja den Erstkommunikanten. Nicht will ich vergessen den Herrn Instruktor Wagner, den Jungens und Kpl. Alfons eine erfolgreiche und frohe Fahrt nach Reichenberg zu wünschen. Weiter besonderen Ostergruß auch Pätzolds, dem nimmermüden Inspektor und Mitterer, Ehrw. Schwester Hertia, Dresd.- N. Ein paar neue Hosenträger brauche ich. Es geht mir gut.
In frohem Gebet mit Euch vereint, grüßt Euch in Christus Euer Gefangener Alojs.

 

Brief aus Dresden Teil 1 Brief aus Dresden Teil 2